Alte Jugendherberge "Luginsland" in Nideggen
Das aus rotem vor Ort gewonnenem Sandstein errichtete Bauwerk wurde am 1. September 1930 eingeweiht. Die eigentliche Feier fand jedoch erst am 1. Mai 1931 unter großer Teilnahme der Bevölkerung und der Honoratioren statt.
Erster Herbergsvater war Hans Jakubiak, der dieses Amt 40 Jahre lang ausübte und 1991 verstarb.
Im Erdgeschoß gab es Tages- und Aufenthaltsräume für 60 bis 100 Personen versehen mit langen Tischen, Bänken und die Dienstwohnung des Herbergsvaters. Die Waschräume (insgesamt neun Duschzellen und die Toilettenanlage sowie die Wandererküche, Herd mit sechs Kochstellen und ein Kochkessel) befanden sich im Keller. Im Obergeschoß befanden sich neun gemeinschaftliche Schlafräume mit insgesamt 100 Doppelstockbetten, natürlich getrennt nach Männlein und Weiblein und ein Familienzimmer mit 4 Betten.
Alte Jugendherberge von 1932
Beheizt wurde das Gebäude durch zwei Koksöfen mit Warmluftschächten; die Schlafräume waren nicht beheizt. Das Gemeinschaftsessen war schlicht: „Erbsensuppe, Nudeln und Bratkartoffeln“. Der Übernachtungspreis betrug 30 Pfennig plus Ausleihgebühr für zwei Bettlaken (auch 30 Pfennig), Vollpension gab es für 1,20 RM pro Tag. Es gab auch eine Hausordnung, die u.a. strikte Nachtruhe zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr vorschrieb. Die Benutzung eines Schlafsackes war vorgeschrieben. Reisende mit Pkw fanden keine Aufnahme.
Die Jugendherberge war sehr beliebt; 1934 zählte man schon 6.000 Übernachtungen. Der 2. Weltkrieg brachte starke Zerstörungen mit sich, die eine Nutzung nicht mehr zuließen; das Gebäude selbst blieb aber in der Substanz erhalten.
Anfang der 50er Jahre wurde der Betrieb wieder aufgenommen; 1963 gab es 130 Betten bei einer Übernachtungszahl von 21.000. In den Jahren 1966 und 1988 wurde das Gebäude umfassend renoviert und die Bettenzahl auf 150 erhöht. Die Jugendherberge war Anziehungspunkt für nah und fern; fast jeder Schüler von NRW kennt die Herberge Nideggen. Ende 2010 wurde die Jugendherberge geschlossen und in eine Wohnanlage umgebaut.
Nideggener Kreuz
Die Pfarrkirche St. Johannes Baptist zu Nideggen wurde gegen Ende des zweiten Weltkrieges durch Artilleriebeschuss sehr stark beschädigt.
Sie wurde Anfang der 50. Jahre nach den Plänen des Architekten Heinrich Lauer wiederaufgebaut. Im Zuge der Arbeiten wurde der hinten im Chor unterhalb des Freskos stehende Hochaltar abgerissen.
Es handelt sich um ein aus Walrossbein geschnitztes 6,1 cm hohes und 4,2 cm breites Kreuz mit einem Corpus, dem die Arme fehlen. Da es unverkennbar den Stileinfluss des 1000 Jahre alten Gero – Kreuzes im Kölner Dom zeigt und der Kölner Schule zugerechnet werden muss, datierte Prof. Vermeer die Entstehungszeit auf die Jahre 1060 bis 1070.
Die beiden Wachssiegel konnten Bruno von Sayn zugeordnet werden, der von 1180 bis 1192 Prior der Kirche Maria ad gradus in Köln gewesen ist und als solcher gesiegelt hat. Zu dieser Zeit gehörte Nideggen zum Dekanat dieses Stiftes. Daraus resultiert die wahre Bedeutung dieser Funde: Sie lassen konkrete Rückschlüsse auf die Bauzeit der Kirche zu. Beide Objekte müssen zur Altarweihe spätestens im Jahre 1192 dort eingemauert worden sein.
Ob die Kirche bis zu diesem Zeitpunkt gänzlich fertiggestellt war, muss offenbleiben. Da sie aber im Jahre 1219 - urkundlich belegt – dem Deutschorden geschenkt wurde und als Erbauer von Burg und Kirche Graf Wilhelm II. (1176 bis 1207) feststeht, muss die Bauzeit der Kirche in den Zeitraum von 1177 bis 1219 gelegt werden.
Die gefundenen Objekte fanden Erwähnung im Kirchenführer aus dem Jahr 1977, verfasst von dem damaligen Oberpfarrer Prof. Theo Schäfer; über den Verbleib fanden sich jedoch keine Hinweise.
Dies veranlasste uns, Margot und Jochen Groß, Mitglieder des Heimat –und Geschichtsvereins Nideggen, nach dem Verbleib zu forschen.
Die Suche begann im Juni 2015. Wir konnten nach Rücksprache mit dem kürzlich verstorbenen Prof. Schäfer eruieren, dass Kreuz und Siegel in der Sakristei in einer Holzkiste mit der Aufschrift: „Baumkuchen“ zusammen mit Reliquienresten und einem Brustkreuz aufbewahrt worden waren. Diese Kiste haben wir gefunden, jedoch ohne Kreuz und Siegel.
Im Jahre 1976 übergab man das Pfarrarchiv dem Bischöflichen Diözesanarchiv in Aachen. Wir konnten das Übergabeprotokoll vom 17.02.1976 auffinden und Prof. Schäfer glaubte sich auf unser Befragen hin zu erinnern, dass die gesuchten Objekte mit dabei waren, obwohl sie explizit nicht erwähnt wurden.
Die dortige Nachfrage und ein Besuch blieben ohne Erfolg; beide Objekte schienen dort nicht angekommen zu sein oder waren unauffindbar. Der Transporteur des Archivgutes, Herr H.J. Debye, war leider verstorben.
Wir setzten die Suche fort: Landeskonservator Prof. Udo Mainzer, Landschaftsverband Rheinland, Rheinische Denkmalpflege, Bischöfliches Diözesanarchiv Köln, Historisches Archiv des Erzbistums Köln, LVR-Museum Bonn und Nachfrage bei verschiedenen Verfassern von Literatur, die das Kreuz erwähnt hatten. Prof. Vermeer war ebenfalls verstorben.
Wir konnten noch feststellen, dass das Kreuz im Schnütgen- Museum in Köln 1975 in einer Ausstellung gezeigt worden war; Hinweise auf den Verbleib fanden sich jedoch nicht.
Also alles ohne Erfolg!
Die Suche zog sich bis zum November 2018, also über drei Jahre hin und wir glaubten schon, aufgeben zu müssen. Als letzte Möglichkeit blieb nur noch die Domschatzkammer Aachen übrig, obwohl wir im Diözesanarchiv schon gesucht hatten. Unsere Nachfrage mit einer genauen Beschreibung der Objekte brachte endlich den Durchbruch: Kreuz und Siegel konnten im Bunker des Depots gefunden und am 14.02.2019 dort von uns im Original besichtigt werden.